Drei mal Rye: Cocktails mit Roggenwhiskey

Er ist wür­zig, aro­ma­tisch und geschichts­träch­tig – schon Geor­ge Washing­ton brann­te ihn. Nach der Pro­hi­bi­ti­on wur­de er bei­na­he ver­ges­sen. Doch seit eini­gen Jah­ren ist er wie­der da: Rye, der urspüng­li­che Ame­ri­can Whiskey.

Mit sei­nem typi­schen Rog­gen­aro­ma, dem tro­cke­ne­ren Geschmack und den oft min­zig-har­zi­gen Noten setzt er sich deut­lich von sei­nem »Nach­fol­ger«, dem Bour­bon ab. Letz­te­rer ist deut­lich süßer und hat weni­ger Kan­ten als Rye. Für Cock­tails ist Rye oft das Mit­tel der Wahl, da er dem Drink deut­lich mehr Wür­ze und Kom­ple­xi­tät verleiht.

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Geschichte

Seit den Grün­dungs­ta­gen der USA wur­de dort Whis­key aus Rog­gen gebrannt. Das war vor allem dem Kli­ma geschul­det, bei dem Gers­te nur schlecht anzu­bau­en war. Rye war im gan­zen Land beliebt, nicht zuletzt, weil es kaum Alter­na­ti­ven gab. Der Mais, aus dem spä­ter der Bour­bon-Indus­trie erkeim­te, war noch nicht kultiviert.

Die Pro­hi­bi­ti­on der 20er- und frü­hen 30er-Jah­re been­de­te die Lauf­bahn des Rye zuguns­ten »leich­te­rer« Spi­ri­tuo­sen wie Rum, Gin oder Blen­ded Whis­ky (z. B. Cana­di­an Whis­key), die über dunk­le Kanä­le ille­gal ins Land geschafft wurden.

1933 wur­de der 18. Zusatz­ar­ti­kel, der unter ande­rem die Her­stel­lung von Rye Whis­key in den Ver­ei­nig­ten Staa­ten ver­bot, auf­ge­ho­ben. Die Geschmä­cker hat­ten sich aber schon so stark ver­än­dert, dass der Rog­gen­whis­key kei­nen Fuß mehr fas­sen konnte.

Erst im frü­hen 21. Jahr­hun­dert mit der Renais­sance der klas­si­schen Cock­tails erschien Rye wie­der nach und nach auf der Bild­flä­che. Mitt­ler­wei­le gibt der Markt eine pas­sa­ble Aus­wahl her.

Rye in Cocktails

Ich ver­wen­de für Cock­tails fast aus­schließ­lich drei Sor­ten Rye mir sehr unter­schied­li­chen Aromatiken.

Bul­leit 95 Rye passt durch sei­nen unauf­dring­li­chen, aber doch inten­si­ven Rog­gen­ge­schmack zu den meis­ten Cock­tail­re­zep­ten. Bul­leit ist per­fekt für den Ein­stieg in das The­ma, tat­säch­lich war er auch mein ers­ter Rye Whiskey.

James E. Pep­per 1776 Rye (Bar­rel Pro­of) ver­wen­de ich vor­nehm­lich für einen Old Fashio­ned oder ähn­li­che Cock­tails, wenn sie etwas mehr Biss haben dür­fen. Die mit dem hohen Alko­hol­ge­halt ver­bun­de­ne Aro­men­dich­te und der min­zi­ge Abgang machen ihn zu einem ganz beson­de­ren Leckerbissen.

Jim Beam Rye eigent sich für eher fri­sche­re, som­mer­li­che Drinks, in denen der cha­rak­te­ris­ti­sche Geschmack etwas im Hin­ter­grund ste­hen soll. Im Nach­klang kann man aber förm­lich Nuan­cen von gekeim­tem Rog­gen an den Sei­ten der Zun­ge schmecken.

Manhattan

Der Ever­green, der in sei­ner lan­gen His­to­rie bereits mit eini­gen Whisk(e)ys ser­viert wur­de, schmeckt nach wie vor mit Rye am bes­ten. Angeb­lich ent­stand der Ape­ri­tif 1874 auf einem Ban­kett, das die Mut­ter von Win­s­ton Chur­chill im New Yor­ker Man­hat­tan Club gege­ben hat.

  • 5 cl Rye, z. B. Bul­leit 95 Rye
  • 2 cl süßer Wer­mut, z. B. Noil­ly Prat Rouge
  • 2 Sprit­zer Aro­ma­tic Bit­ters, z. B. von The Bit­ter Truth
  • Mara­schi­no­kir­sche

Alle Zuta­ten mit viel Eis ver­rüh­ren und in ein klei­nes, vor­ge­kühl­tes Cou­pet­te-Glas (dop­pelt) absei­hen. Mara­schi­no­kir­sche ins Glas geben.

Wer es kräf­ti­ger mag, kann eine Kom­bi­na­ti­on aus 1776 Rye, Bel­sa­zar Red Ver­mouth und Jer­ry Tho­mas Own Decan­ter Bit­ters von The Bit­ter Truth versuchen.

Old Pal

Auf den Old Pal bin ich eher durch Zufall gesto­ßen, als ich Cock­tails mit drei gleich dosier­ten Zuta­ten gesucht habe. Er ist ein her­vor­ra­gen­der Ape­ri­tif, der oft auch mit einem höhe­ren Rye-Anteil zube­rei­tet wird. Mir schmeckt das Ori­gi­nal­re­zept mit einem Ver­hält­nis von 1:1:1 sehr gut, wer möch­te, kann aber auch ein 2:1:1‑Verhältnis probieren.

  • 3 cl Rye Whis­key, z. B. Bul­leit 95 Rye
  • 3 cl Campari
  • 3 cl tro­cke­ner Wer­mut, z. B. Mar­ti­ni Riser­va Spe­cia­le Ambrato
  • Zitro­nen­zes­te

Alle Zuta­ten mit viel Eis ver­rüh­ren und in ein klei­nes, vor­ge­kühl­tes Cou­pet­te-Glas (dop­pelt) absei­hen. Zitro­nen­zes­te über dem Drink aus­pres­sen und mit ins Glas geben, oder aber an den Glas­rand drapieren.

Scofflaw

Die­ser Drink ver­dankt sei­nen Namen einer Umfra­ge wäh­rend der Pro­hi­bi­ti­on, bei der ein Name für »ille­ga­le Trin­ker« gefun­den wer­den soll­te. Der Cock­tail erblick­te 1924 in Harry’s Bar in Paris das Licht der Welt. Es sind ver­schie­de­ne Rezep­te über­lie­fert, die­ses gefällt mir am besten.

  • 6 cl Rye Whis­key, z. B. Jim Beam Rye
  • 3 cl tro­cke­ner Wer­mut, z. B. Mar­ti­ni Riser­va Spe­cia­le Ambrato
  • 1 cl Zitronensaft
  • 1,5 cl Grenadine-Sirup
  • 2 Sprit­zer Oran­ge-Bit­ters, z. B. von The Bit­ter Truth
  • Zitro­ne­zes­te

Alle Zuta­ten mit Eis schüt­teln und in ein klei­nes, vor­ge­kühl­tes Cou­pet­te-Glas dop­pelt absei­hen. Zitro­nen­zes­te über dem Drink aus­pres­sen und mit ins Glas geben oder an den Rand drapieren.

Bronx Cheer

Rye passt tat­säch­lich auch zu Tiki-Cock­tails: Der Bronx Cheer ver­eint Rog­gen­whis­key, Faler­num, Him­beer­si­rup und Limet­ten­saft zu einem wun­der­bar som­mer­li­chen Drink.

→ direkt zum Bronx-Cheer-Rezept

 

Ich war nie ein gro­ßer Fan von Sin­gle Mal­ts und konn­te mich auch nicht so sehr für süße, mais­las­ti­ge Bour­bons begeis­tern. Rye Whis­key hin­ge­gen hat mich vom ers­ten Tag an begeis­tert. Die Aro­men­viel­falt und die gro­ße Aus­wahl an her­vor­ra­gen­den Cock­tails machen Rye zu einer viel­sei­ti­gen Spirituose.

 


Foto: Nico­lai Brunn

André Körner

Seit 2016 beschäftige ich mich intensiv mit hochwertigen Spirituosen und deren Verwendung in Cocktails und Drinks aller Art. Ich sammle, teste und optimiere Cocktailrezepte und habe The Shark Creek Magazine gegründet, um andere daran teilhaben zu lassen.

2 Antworten auf »Drei mal Rye: Cocktails mit Roggenwhiskey«

  1. Ich bin Cock­tail Neu­ling und habe gera­de meh­re­re Spi­ri­tuo­sen erstan­den, um Cock­tails zu mixen. Dar­un­ter auch einen Rye Whis­key, Yel­low Rose 45%. Sie emp­feh­len ger­ne Jim Beam, der mir nur aus der deut­schen Wer­bung bekannt ist und da bin ich wegen der Qua­li­tät immer sehr skep­tisch. Ken­nen sie Yel­low Rose? Mit wel­cher Sor­te wür­den sie ihn ggfs ver­glei­chen und zu wel­chem Cock­tail empfehlen?

    1. Hal­lo Herr Pan­zer bzw. hal­lo Klaus!

      Yel­low Rose ken­ne ich tat­säch­lich nicht, kann also ent­spre­chend nichts dazu sagen. Pro­bie­ren wür­de ich ihn aber zu aller­erst in den Klas­si­kern wie z. B. einem Old Fashio­ned oder einem Man­hat­tan (fin­det sich bei­des auch hier im Maga­zin). Ich wür­de mich natür­lich über eine Beschrei­bung freu­en, wenn er zum Ein­satz gekom­men ist.

      Zu Jim Beam: Beam Sun­to­ry ist der dritt­größ­te Spi­ri­tuo­sen­her­stel­ler welt­weit. Ver­ständ­lich, dass der Kon­zern von nied­rig­prei­si­ger bzw. »ein­fa­cher« Ware bis hin zu Pre­mi­um­spi­ri­tuo­sen eini­ges im Port­fo­lio hat. Auch inner­halb der Mar­ke Jim Beam gibt es deut­li­che Unterschiede. 

      Bei­spiel Bour­bon: Der bil­li­ge »wei­ße« Jim Beam Bour­bon ist zuge­ge­ben schau­der­haft, der Black Label ist hin­ge­gen erstaun­lich gut. Eben­so ver­hält es sich mit dem Rye, der schlicht­weg kein »Par­ty­pro­dukt« wie der wei­ße Bour­bon ist. Er passt natür­lich kei­nes­falls in jeden Cock­tail, aber dort, wo ich ihn erwähnt habe, fügt er sich erstaun­lich gut ein (der abso­lu­te Ham­mer im Bronx Cheer!).

      Wenn Sie/du noch einen »Stan­dard-Rye« suchen/suchst, dann emp­feh­le ich den Bul­leit 95 Rye. Der passt fast immer.

      In die­sem Sin­ne: Viel Spaß beim Probieren!

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