Negroni: Hustensaft oder genialer Aperitif?

Negroni: Hustensaft oder genialer Aperitif?

Zu Beginn mei­ner »Cock­tail-Lauf­bahn« stieß ich immer wie­der auf den schein­bar so belieb­ten, simp­len Drink aus glei­chen Tei­len Gin, Cam­pa­ri und süßem Wer­mut. Mei­ne Vor­lie­be für das Bit­te­re zwang mich, ihn zu probieren.

Ich ging also los und besorg­te »für den Anfang« einen güns­ti­gen Wer­mut. Mei­ne Wahl fiel auf Mar­ti­ni Ros­so – eine fol­gen­schwe­re Ent­schei­dung. Zuhau­se ange­kom­men mix­te ich den Wer­mut mit Cam­pa­ri und Bee­fea­ter, der in den meis­ten Cock­tails eigent­lich eine gute Figur macht.

Beim Anset­zen des Gla­ses schos­sen mir Gedan­ken wie »Hus­ten­saft«, »Wer säuft sowas?« und »Was fin­den die Leu­te nur dar­an?« durch den Kopf. Ich been­de­te das Expe­ri­ment »Negro­ni« mit dem Ver­schen­ken der Martini-Rosso-Flasche.

Erst Mona­te spä­ter, als ich mir aus einer Lau­ne her­aus eine Fla­sche Bel­sa­zar Red Ver­mouth bestellt hat­te, ver­stand ich den Cocktail â€¦

→ direkt zu drei her­vor­ra­gen­den Rezepten

Die Geschichte

Erfun­den wur­de der Negro­ni im Flo­renz des Jah­res 1919 oder 1920 im dama­li­gen Caf­fè Caso­ni. Der namens­ge­ben­de Graf Camil­lo Negro­ni hat­te schlicht­weg einen Ame­ri­ca­no mit Gin statt Soda bestellt.

Das allgemeine Rezept

Die IBA führt den Cock­tail, wie die meis­ten Quel­len, mit fol­gen­dem Rezept:

  • 3 cl Gin
  • 3 cl Campari
  • 3 cl Sweet Red Vermouth

Pour all ingre­dients direct­ly into old-fashio­ned glass fil­led with ice. Stir gent­ly. Gar­nish with half oran­ge slice.

Der Gin

Der Gin fun­giert als Gegen­spie­ler zu den fruch­ti­gen Aro­ma­ti­ken eines guten Wer­mut, aber auch zum bit­te­ren Cam­pa­ri. Der Gin darf kei­nes­falls zu süß sein, sonst wirkt der Cock­tail schnell dumpf und kleb­rig. Aber auch ein zu kräf­ti­ger oder wür­zi­ger Gin passt sich schlecht ein.

Aus­ser­dem soll­te der Gin pas­send zum Wer­mut gewählt wer­den. Hier hilft nur Aus­pro­bie­ren, ent­we­der eige­ne Kom­bi­na­tio­nen, oder eines mei­ner Rezepte.

Die bes­ten Negro­nis habe ich bis­her mit Unga­va getrun­ken, aber auch Bee­fea­ter, Hayman’s oder Whit­ley Neill funk­tio­nie­ren gut.

Der Campari

Cam­pa­ri macht den Cock­tail zum per­fek­ten Ape­ri­tif. Die Bit­ter­stof­fe kur­beln die Magen­saft­bil­dung an und sor­gen für einen gesun­den Appetit.

Wenn­gleich Cam­pa­ri für mich in einem Negro­ni alter­na­tiv­los ist, so kann man sicher auch ande­re (Orangen-)Bitterliköre versuchen.

Der süße Wermut

Hier liegt die eigent­li­che Krux des Drinks. Ein Negro­ni steht und fällt mit der Wahl eines guten Wer­muts. Mar­ti­ni Ros­so, Cin­za­no und diver­se Nona­me-Pro­duk­te fal­len hier durch das Ras­ter. Wer güns­tig ein­stei­gen möch­te, macht mit Noil­ly Prat Rouge kei­nen Fehler.

Deut­lich ambi­tio­nier­te­re Vari­an­ten sind Bel­sa­zar Red Ver­mouth aus Deutsch­land, Vya Sweet Ver­mouth aus Kali­for­ni­en, Car­pa­no Anti­ca For­mu­la aus Ita­li­en oder Padró & Co. Rojo Clas­si­co Ver­mouth aus Spa­ni­en. Hier lie­gen die Prei­se deut­lich höher, aber: You get what you pay for.

Wer­mut soll­te, sobald er geöff­net wur­de, immer im Kühl­schrank auf­be­wahrt wer­den und mög­lichst schnell auf­ge­braucht wer­den. Daher bie­tet es sich auch an, die kleinst­mög­li­che Fla­schen zu kaufen.

Süßer bzw. »roter« Wer­mut basiert übri­gens meis­tens auf Weißwein.

Bitters im Negroni?

Gera­de in Ver­bin­dung mit einem ein­fa­che­ren Wer­mut wie Noil­ly Prat lohnt es sich, falls vor­han­den, die einen oder ande­ren fruch­ti­gen Cock­tail­bit­ters aus­zu­pro­bie­ren. Toll pas­sen hier z. B. die Peach Bit­ters von The Bit­ter Truth.

Wer einen Drink mit etwas mehr Punch möch­te und viel­leicht einen zu mild-süßen Gin gewählt hat, soll­te es mit einem Sprit­zer Coc­chi Ame­ri­ca­no probieren.

Orange oder Zitrone? Scheibe oder Zeste?

Eine Oran­gen­schei­be (IBA-Rezept) ist nett gedacht, funk­tio­niert aber ein­fach nicht. Um die Aro­ma­tik in den Drink zu bekom­men, müss­te man sie dar­über aus­pres­sen. Das sieht dann nicht mehr schön aus und bringt Trüb­stof­fe ins Glas. Zudem gehört in einen Negro­ni ein­fach kein Orangensaft.

Viel sinn­vol­ler ist es, eine Oran­gen­zes­te über dem Drink aus­zu­pres­sen, am Glas­rand ent­lang­zu­rei­ben und sie dann zu ent­sor­gen. Und meis­tens passt sogar eine Zitro­nen­zes­te noch bes­ser, weil sie den Drink som­mer­li­cher, fri­scher, ja, leben­di­ger macht.

Die Zubereitung

Der Negro­ni lässt sich wun­der­bar im Gäs­te­glas zube­rei­ten. Ich ver­wen­de meis­tens ein vor­ge­kühl­tes Leo­nar­do Spi­ri­tii Dou­ble Old Fashioned.

Wich­tig ist die Rei­hen­fol­ge der Zuta­ten: Zuerst das Eis, dar­auf der leich­te Gin, dann der Cam­pa­ri und zum Schluss der schwe­re Wermut.

Der Drink ver­trägt etwas Schmelz­was­ser, daher rüh­re ich 20 – 30 Sekunden.

Drei hervorragende Negroni-Rezepte

Vari­an­te 1 (mein Favorit):

  • 3 cl Unga­va Cana­di­an Pre­mi­um Gin
  • 3 cl Campari
  • 3 cl Bel­sa­zar Red Vermouth
  • Zitro­nen­zes­te

Zuta­ten im Gäs­te­glas mit Eis ver­rüh­ren. Zitro­nen­zes­te über dem Glas aus­pres­sen, nicht mit ins Glas geben.

Vari­an­te 2:

  • 3 cl Hayman’s Lon­don Dry Gin
  • 3 cl Campari
  • 3 cl Padró & Co. Rojo Clas­si­co Vermouth
  • Oran­gen­zes­te

Zuta­ten im Gäs­te­glas mit Eis ver­rüh­ren. Oran­gen­zes­te über dem Glas aus­pres­sen, nicht mit ins Glas geben.

Vari­an­te 3:

  • 3 cl Bee­fea­ter Lon­don Dry Gin
  • 3 cl Campari
  • 3 cl Noil­ly Prat Rouge
  • 2 Sprit­zer The Bit­ter Truth Peach Bitters
  • Zitro­nen­zes­te

Zuta­ten im Gäs­te­glas mit Eis ver­rüh­ren. Zitro­nen­zes­te über dem Glas aus­pres­sen, nicht mit ins Glas geben. Wenn gewünscht noch einen Sprit­zer Peach Bit­ters auf den obers­ten Eis­wür­fel geben.


Der Negro­ni – ein genia­ler Ape­ri­tif, nicht nur im Sommer!

 


Foto: Nico­lai Brunn

André Körner

Seit 2016 beschäftige ich mich intensiv mit hochwertigen Spirituosen und deren Verwendung in Cocktails und Drinks aller Art. Ich sammle, teste und optimiere Cocktailrezepte und habe The Shark Creek Magazine gegründet, um andere daran teilhaben zu lassen.

2 Antworten auf »Negroni: Hustensaft oder genialer Aperitif?«

    1. Soll­test du unbe­dingt, du wirst über­rascht sein.
      Den Bel­sa­zar soll­test du dir aber dafür auf jeden Fall auch holen, das passt per­fekt zusammen.

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