Old Fashioned: Der Urvater des Cocktails

Old Fashioned: Der Urvater des Cocktails

In Zei­ten von täg­lich neu­en Cock­tail­krea­tio­nen fin­den sich erstaun­li­cher­wei­se auch immer wie­der Drinks, die zwar uralt sind, aber bis heu­te nichts von ihrer Aktua­li­tät ver­lo­ren haben. Dazu zählt auch der Old Fashioned.

Unter einem Old Fashio­ned ver­steht man im enge­ren Sin­ne einen Cock­tail mit Bour­bon oder Rye Whis­key, Bit­ters, Was­ser und Zucker. Im All­ge­mei­nen funk­tio­niert der Drink aber mit einer Viel­zahl von Basis­spi­ri­tuo­sen. So gibt es z. B. den Tequi­la Old Fashio­ned, den Bran­dy Old Fashio­ned oder den Rum Old Fashioned.

Hier möch­te ich das Geheim­nis des ursprüng­li­chen, des Rye Old Fashio­ned, lüften.

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Die Geschichte

Ursprüng­lich als Whis­key Cock­tail bekannt, wur­de der Drink 1806 zum ers­ten schrift­lich erwähnt. Spä­ter hat man dem Rezept Mara­schi­no, Absinth etc. hin­zu­ge­fügt. Wer von die­sem Impro­ved Whis­key Cock­tail nichts hielt, muss­te ihn also »old fashio­ned«, alt­mo­disch bestellen.

So setz­te sich der Name für die ursprüng­li­che Ver­si­on durch.

Der Whiskey

Für einen Whis­key Old Fashio­ned kom­men nur Rye oder Bour­bon in Fra­ge. Da mitt­ler­wei­le auch auf dem deut­schen Markt her­vor­ra­gen­de Rog­gen­de­stil­la­te erhält­lich sind, wür­de ich mich immer für Rye Whis­key entscheiden.

Für den Anfang eig­net sich ein Bul­leit 95 Rye mit 45 %, hier macht man nichts falsch.

Jim Beam Rye hat auch ein wirk­lich pas­sa­bles Geschmacks­pro­fil, wirkt aber mit sei­nen »nur« 40 % fast etwas lasch.

Den hei­li­gen Gral habe ich jedoch erst recht spät ent­deckt: James E. Pep­per 1776 Rye in der Fass­stär­ke mit 58,6 %. Ein Old Fashio­ned mit die­sem Juwel wird selbst mit einem etwas üppi­ge­ren Sprit­zer Was­ser zur Geschmacksexplosion.

Die Bitters

Heut­zu­ta­ge steht uns zum Glück eine brei­te Palet­te an Cock­tail­bit­ters zur Ver­fü­gung. Lan­ge Zeit waren nur Angos­tu­ra-Bit­ters erhält­lich. Die­se eig­nen sich her­vor­ra­gend für einen Tequi­la Old Fashio­ned, für einen Rye Old Fashio­ned bedarf es aber ande­rer »Wun­der­waf­fen«.

Her­vor­ra­gen­de Ergeb­nis­se habe ich mit den Old Time Aro­ma­tic Bit­ters und den Jer­ry Tho­mas Own Decan­ter Bit­ters von The Bit­ter Truth erzielt, wobei ich letz­te­re wegen ihres Tief­gangs und der aus­la­den­den Aro­ma­tik jeder­zeit bevor­zu­gen würde.

Die Old Fashio­ned Bit­ters von Fee Bro­thers emp­fand ich hin­ge­gen als nicht aro­ma­tisch genug und etwas zu bitter.

Die rich­ti­ge Dosie­rung der Bit­ters hängt vom per­sön­li­chen Geschmacks­emp­fin­den und der Grö­ße der Dosier­öff­nung ab. Von Bit­ter Truth Bit­ters bevor­zu­ge ich 3 – 4 Sprit­zer, das ergibt einen her­vor­ra­gend aro­ma­ti­schen Drink.

Der Zucker

Hier hat man die Mög­lich­keit, auf gewöhn­li­chen Rohr­zu­cker­si­rup zurück­zu­grei­fen. Die schö­ne­re Vari­an­te ist jedoch der Zucker­wür­fel, und so mache ich es auch am liebs­ten. So kann man den Drink schon bei der Zube­rei­tung zelebrieren.

Die Zubereitung

Je nach Geschmack gebe ich 1 oder 1½ Zucker­wür­fel in ein vor­ge­kühl­tes Dou­ble-Old-Fashio­ned-Glas. Ja, die Glas­gat­tung wur­de nach die­sem Drink benannt.

Ich füge die Bit­ters hin­zu und zer­drü­cke den Zucker mit der Rück­sei­te eines Bar­löf­fels mit Stö­ßel. Dazu kommt gege­be­nen­falls etwas Was­ser, bei einem star­ken Whis­key ruhig 1 – 2 Bar­löf­fel voll. Bei schwä­che­ren Vari­an­ten wie dem Jim Beam Rye lässt man es lie­ber weg.

Nun gebe ich nach und nach je nach Alko­hol­stär­ke 5 – 6 cl Rye Whis­key hin­zu und rüh­re solan­ge, bis der Zucker sich bei­na­he auf­ge­löst hat.

Ein biss­chen kris­tal­li­ner Zucker darf übrig blei­ben, das sorgt dafür, dass der Drink nach und nach mit dem Auf­lö­sen von Zucker und Abschmel­zen der Eis­wür­fel sein Geschmacks­pro­fil verändert.

Zum Schluss kommt das Eis ins Glas und der Old Fashio­ned wird kalt­ge­rührt, so lan­ge, bis er »fast« trink­bar ist. Die Kunst ist es, den Drink so auf den Punkt zu rüh­ren, dass er genau in dem Moment die per­fek­te Men­ge Schmelz­was­ser hat, wenn man ihn zum Mund führt. Hier braucht es zu Anfang ein wenig Ãœbung.

Die hier beschrie­be Zube­rei­tung wirkt zwar etwas auf­wän­dig, hat sich aber bewährt und gehört für mich ein­fach zum Ritu­al dazu.

Die Garnierung

Gene­rell kom­bi­niert man zum wür­zi­gen Rye Whis­key Zitro­ne, zu Bour­bon eher Oran­ge. Es gibt Rye-Old-Fashio­ned-Rezep­te, die bei­des ver­wen­den. Spä­ter kam dann auch noch die Mara­schi­no­kir­sche dazu, die wun­der­bar in den Drink passt.

Was allen guten Rezep­ten mit Mara­schi­no­kir­schen gemein ist und sie von so man­chem »moder­nen« Rezept unter­schei­det: Die Kir­schen dür­fen nicht im Drink zer­matscht wer­den, son­dern nur behut­sam hin­ein­ge­legt werden!

Für mich hat sich als per­fek­te Kom­bi­na­ti­on eine über dem Drink aus­ge­press­te und hin­ein­ge­ge­be­ne Oran­gen­zes­te und eine Mara­schi­no­kir­sche von Lux­ar­do bewährt.

Das perfekte Rezept

  • 1½ Zucker­wür­fel
  • 3 – 4 Sprit­zer Jer­ry Tho­mas Own Decan­ter Bit­ters von The Bit­ter Truth
  • 1 – 2 Bar­löf­fel Wasser
  • 5 cl James E. Pep­per 1776 Rye Bar­rel Pro­of mit 58,6 %
  • 1 Oran­gen­zes­te
  • 1 Mara­schi­no­kir­sche

Zucker, Bit­ters und Was­ser ver­rüh­ren, nach und nach den Whis­key dazu­ge­ben und wei­ter­rüh­ren. Mit Eis kalt rüh­ren, bis der Drink kurz vor der per­fek­ten Trink­stär­ke ist. Oran­gen­zes­te aus­pres­sen und ins Glas geben, Kir­sche im Eis platzieren.

 

Der Old Fashio­ned war nie­mals out. Er war, ist und bleibt ein per­fek­ter Abendbegleiter.

 


Foto: Nico­lai Brunn

André Körner

Seit 2016 beschäftige ich mich intensiv mit hochwertigen Spirituosen und deren Verwendung in Cocktails und Drinks aller Art. Ich sammle, teste und optimiere Cocktailrezepte und habe The Shark Creek Magazine gegründet, um andere daran teilhaben zu lassen.

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