Mai Tai: Tiki von seiner besten Seite

Jeder kennt ihn, aber die wenigs­ten haben schon ein­mal einen Ver­nünf­ti­gen getrun­ken: Die Rede ist vom Mai Tai, dem Inbe­griff eines Tiki-Cocktails.

Man fin­det ihn auf bei­na­he jeder Bark­ar­te die­ser Welt, jedoch oft in aben­teu­r­lichs­ten Abwand­lun­gen. Von teil­wei­se absur­den Rum-Kom­bi­na­tio­nen bis hin zu Unmen­gen an Frucht­säf­ten gibt es hier eini­ges zu bestaunen.

Das mag ja in den Augen des unbe­darf­ten Cock­tail­trin­kers zum tro­pi­schen Geschmacks­bild pas­sen – wenn es jedoch dar­um geht, einen anstän­di­gen Mai Tai zu mischen, mag ich es klas­sisch, sim­pel und ausdrucksstark.

Geschichte

Um die Ent­ste­hung des Mai Tai ran­ken sich eini­ge Legen­den, die am wei­tes­ten ver­brei­te­te ist die­se hier:

1944 berei­tet einer der Grün­der­vä­ter der Tiki-Bewe­gung, Vic­tor Ber­ge­ron ali­as Tra­der Vic, den ers­ten Mai Tai in sei­ner Bar in San Fran­cis­co zu. Zwei gute Freun­de, die den Cock­tail pro­bie­ren, sagen dar­über: »Maita’i roa ae!« – »Nicht von die­ser Welt – Das Bes­te«. Der Mai Tai war geboren.

Über den Wahr­heits­ge­halt die­ser Geschich­te kann man strei­ten – was Tra­der Vic auch Zeit sei­nes Lebens getan hat. Fest steht jedoch, dass der Mai Tai auf Basis sei­nes Rezep­tes wohl der bes­te ist, den ich bis­her aus­pro­biert habe.

Das Ursprungsrezept nach Trader Vic

Im Gegen­satz zu vie­len ande­ren Tiki-Drinks kommt Ber­ge­rons Mai Tai mit erstaun­lich weni­gen Zuta­ten aus.

  • 6 cl eines 17 Jah­re fass­ge­la­ger­ten Jamai­ka-Rums von Wray & Nephew
  • 1,5 cl Trip­le Sec oder Curaçao
  • 0,75 cl Orgeat
  • 0,75 cl Zuckersirup
  • 3 cl Limettensaft

Je nach Über­lie­fe­rung fin­det sich auch noch ein Teil Martinique-Rum.

Lei­der ist die­se Rezep­tur so heu­te nicht mehr umsetz­bar, da es nur noch unver­schämt weni­ge Fla­schen die­ses Rums gibt. Sie wer­den teil­wei­se für 50.000 Dol­lar gehandelt.

Einen sehr gut funk­tio­nie­ren­den Ersatz stellt App­le­ton Esta­te V/X dar. Lei­der ist die­ser mitt­ler­wei­le auch, wie bei Rum oft üblich, fast vom Markt ver­schwun­den. Alter­na­tiv erfüllt auch der 12 Jah­re alte App­le­ton Esta­te sei­nen Zweck.

Glück­li­cher­wei­se ist seit Kur­zem noch ein wei­te­rer wür­di­ger Nach­fol­ger auf dem Markt, der Navy Island XO Reser­ve bzw. Navy Strength. Damit bekommt man einen gran­dio­sen Mai Tai zubereitet.

Mai Tai, so wie ich ihn mache

Stär­ke und Kom­ple­xi­tät des hier ver­wen­de­ten Rums kom­bi­nie­ren sich wun­der­bar mit den fri­schen Oran­gen- und Cognac­no­ten des Grand Manier. Die Men­gen­an­ga­ben hier­von habe ich für mein Rezept etwas ange­passt. Als Orgeat ver­wen­de ich Man­del­si­rup von Monin, weil es ein natür­li­ches, nicht zu über­trie­be­nes Aro­ma hat. Hier kann man sich das »ver­dün­nen« mit Zucker­si­rup spa­ren und direkt 1,5 cl verwenden.

  • 4,5 cl Navy Island Navy Strength
  • 1,5 cl Grand Manier
  • 1,5 cl Orgeat von Monin
  • 3 cl Limettensaft

Alle Zuta­ten mit reich­lich Eis schüt­teln und über ein vor­ge­kühl­tes, mit zer­sto­ße­nem Eis gefüll­tes Dou­ble-Old-Fashio­ned-Glas absei­hen. Alter­na­tiv einen Tiki-Becher ver­wen­den. Mit einem auf dem Hand­rü­cken ange­schla­ge­nen Minz­zweig garnieren.

Tipp: Von Orgeat von Rie­mer­schmid rate ich ab, da das Man­del­aro­ma sehr künst­lich wirkt und der Drink sogar bei Ver­wen­dung von 0,75 cl zu sehr über­la­gert wird.

Mai Tai, fassgereift

Kürz­lich durf­te ich eine beson­ders auf­wän­dig her­ge­stell­te Ver­si­on pro­bie­ren. Es han­delt sich um eine im Eichen­holz­fäss­chen gereif­te Vari­an­te von Timo Gro­ßer. Er beweist, dass man sich sehr weit vom Ori­gi­nal­re­zept ent­fer­nen und den­noch einen deut­lich als Mai Tai erkenn­ba­ren Cock­tail zube­rei­ten kann.

Nur der Voll­stän­dig­keit hal­ber habe ich hier das Rezept für euch. Viel­leicht fin­det sich ja der eine oder ande­re, der sich die Zeit dafür neh­men möch­te. Es lohnt sich!

  • 3,5 cl App­le­ton Esta­te 12 Jahre
  • 1,5 cl Ana­nas­in­fu­si­on mit Hava­na Club 3 Años *
  • 1 cl Limet­ten­in­fu­si­on mit Cointreau **
  • 2 cl Apri­cot Brandy
  • 2,5 cl Faler­num von The Bit­ter Truth
  • 1,5 – 1,75 cl Limettensaft

Alle Zuta­ten außer dem Limet­ten­saft wer­den in einem getoas­te­ten Eichen­holz­fass über meh­re­re Tage/Wochen gereift. Die Men­gen ent­spre­chend auf die Fass­grö­ße umrech­nen. Die Rei­fe­dau­er rich­tet sich nach dem Zustand des Fas­ses und der per­sön­li­chen Vor­lie­be. Regel­mä­ßig probieren!

Um den Cock­tail zuzu­be­rei­ten, wer­den ca. 10 cl des Fas­s­in­hal­tes und 1,5 – 1,75 cl Limet­ten­saft mit viel Eis geschüt­telt und wie in mei­nem Mai-Tai-Rezept serviert.

* Für die Ana­nas­in­fu­si­on 500 ml Hava­na Club 3 Años mit 60 – 70 g gedörr­ten Ana­nas­stü­cken über 2 – 3 Tage mazerieren.

** Für die Limet­ten­in­fu­si­on 300 ml Coin­treau mit der Zes­te (äuße­ren Scha­le) von 3 unbe­han­del­ten Limet­ten über 2 – 3 Tage mazerieren.

 

Beim Mai Tai füh­ren vie­le Wege nach Rom. Ihr soll­tet aber auf jeden Fall mein dem Ori­gi­nal sehr ähn­li­ches Rezept ver­su­chen, um einen Ein­druck zu bekom­men, was euch all die Jah­re ent­gan­gen ist!

 

 


Der fass­ge­reif­te Mai Tai wur­de uns freund­li­cher­wei­se von Timo Gro­ßer zur Ver­fü­gung gestellt. Mein Geschmacks­sinn wur­de dadurch jedoch nicht beeinflusst.


Foto: Made­lei­ne Schreck & André Körner

Madeleine Schreck

Vor zwei Jahren habe ich begonnen, mich ernsthaft mit Cocktails zu beschäftigen. Seitdem habe ich nach und nach die Türen zu immer neuen Geschmackswelten aufgestoßen. Diese Erfahrungen möchte ich mit euch teilen.

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