Tiki: Die polarisierende Cocktailbewegung

Hawaii-Hem­den, Bam­bus-Deko, Cock­tail-Schirm­chen und Hula-Girls. Das ver­bin­den die meis­ten Men­schen mit Tiki. Doch wie ent­stand die­se Bewe­gung der ame­ri­ka­ni­schen Pop­kul­tur? Was steckt dahinter?

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Ame­ri­ka in den 40er Jah­ren, der Krieg war gera­de vor­bei. Die im Pazi­fik sta­tio­nier­ten Sol­da­ten kehr­ten wie­der zurück in ihre Hei­mat. Im Gepäck hat­ten sie exo­ti­sche Holz­schnit­ze­rei­en als Sou­ve­nirs: Tiki-Figuren.

Der Begriff Tiki bedeu­tet Mann oder Mensch, bei eini­gen Völ­kern Poly­ne­si­ens auch ers­ter Mensch. In unse­rem Fall dürf­te es ein beschwips­ter Zeit­ge­nos­se gewe­sen sein.

Tiki-Bars

Die Fas­zi­na­ti­on für das Unbe­kann­te und die Sehn­sucht nach der Leich­tig­keit des Lebens in der Süd­see führ­ten dazu, dass immer bun­te­re, üppi­ge­re Bars und Restau­rants ihre Pfor­ten öff­ne­ten, um die Schre­cken des Krie­ges ent­gül­tig hin­ter sich zu las­sen. Alle­samt im meis­tens kit­schi­gen, stark über­la­de­nen Kari­bik-Stil. Mehr ist mehr!

Das Para­dies war nun zum Grei­fen nah, und man konn­te es sogar aus auf­wän­dig gestal­te­ten Kera­mik-Bechern trin­ken. Die iko­ni­schen Tiki-Mugs sind durch Ahnen- und Göt­te­r­ab­bil­dun­gen der Süd­see­kul­tu­ren inspi­riert. Frem­de Göt­ter, Bars in denen man sich wie im Dschun­gel fühlt, schil­lernd bun­te Klei­dung und nicht zuletzt die hoch­pro­zen­ti­gen Drinks mach­ten den Süd­see-Traum perfekt.

Trader Vic & Donn Beach

Vor allem zwei Män­ner gel­ten als Vor­rei­ter und Väter der Bewegung.

Der als Ernest Ray­mond Beau­mont Gantt gebo­re­ne Donn Beach ali­as Don the Beach­com­ber eröff­ne­te die ers­te Tiki-Bar in Hol­ly­wood und betrieb spä­ter eine gan­ze Bar-Ket­te. Er ent­wi­ckel­te vie­le bekann­te und weni­ger bekann­te Drinks, so z. B. den Zom­bie.

Vic­tor J. Ber­ge­ron ali­as Tra­der Vic war Donn Beachs direk­ter Kon­kur­rent, auch er betrieb eine gan­ze Rei­he von Tiki-Bars. Ihm wird oft die Erfin­dung des legen­dä­ren Mai-Tai-Cock­tails zugesprochen.

Tiki-Cocktails

Die zumeist rum­ba­sier­ten Cock­tails wer­den voll­ge­packt mit inten­siv-wür­zi­gen Likö­ren und Sirups. Fast immer kommt eine Viel­zahl von Säf­ten zum Ein­satz. Die opu­len­te Deko­ra­ti­on setzt den Drinks dann noch die Kro­ne auf.

Die tro­pisch-exo­ti­schen Geschmacks­krea­tio­nen form­ten einen Zeit­geist, der bis in die Gegen­wart erhal­ten blieb.

Da ich mich noch nie für den in Frucht­säf­ten ertränk­ten Ein­heits­brei begeis­tern konn­te, habe ich nach geschmack­lich aus­ge­wo­ge­nen, viel­schich­ti­gen Tiki-Cock­tails gesucht und wur­de fündig.

Dr. Funk

Der Drink ist angeb­lich der ein­zi­ge, der tat­säch­lich in Poly­ne­si­en ent­wi­ckelt wur­de. Dr. Funk, ein deut­scher Arzt, soll auf Samoa gelebt haben. Plau­si­bel erscheint, dass der damals noch ohne Rum zube­rei­te­te Cock­tail als Medi­zin für sei­ne Pati­en­ten dien­te. In jedem Fall ist es ein aus­ge­spro­chen lecke­rer Cock­tail, und das ist das heu­te gebräuch­li­che Rezept.

  • 7 cl dunk­ler Rum, z. B. Plan­ta­ti­on Grand Reserve
  • 0,75 cl Absinth, z. B. Tabu
  • 1,5 cl Zuckersirup
  • 0,75 cl Gre­na­dine, z. B. von Monin
  • 1,5 cl Zitronensaft
  • 1,5 cl Limettensaft
  • 3 cl Soda

Alle Zuta­ten bis auf das Soda­was­ser mit reich­lich zer­sto­ße­nem Eis schüt­teln. Soda­was­ser in einen gekühl­ten Tiki-Becher geben und den Drink mit­samt dem Eis dar­über­gie­ßen. Nach belie­ben üppig dekorieren.

Tipp: Auf­grund des ver­wen­de­ten Absinths eig­net sich eine Deko mit Zitro­ne bes­ser als eine mit Orange.

Scorpion

Ein abso­lu­ter Tiki-Klas­si­ker. Eigent­lich wur­de die­ser ziem­lich star­ke Drink von Donn Beach in einer extra dafür ange­fer­tig­ten Scha­le, dem Scor­pi­on Bowl ser­viert. Man teil­te sich einen Scor­pi­on Bowl mit zwei oder drei Freun­den. Das hier ist das Rezept für eine Person.

  • 6 cl hel­ler Rum, z. B. Mount Gay Eclip­se Silver
  • 1 cl Bran­dy, z. B. Remy Mar­tin V.S.O.P.
  • 1,5 cl Orgeat, z. B. von Monin
  • 6 cl Orangensaft
  • 4 cl Zitronensaft

Alle Zuta­ten mit reich­lich Eis schüt­teln und in einen gekühl­ten, mit Eis gefüll­ten Tiki-Becher dop­pelt absei­hen. Ãœppig deko­rie­ren, z. B. mit einer aus­ge­press­ten Limet­ten­hälf­te mit brau­nem Zucker­wür­fel und etwas Over­pro­of-Rum, der ange­zün­det wird.

Falls vor­han­den, kann man natür­lich auch einen Scor­pi­on Bowl ver­wen­den. Hier ragt in der Mit­te der Scha­le ein Vul­kan her­aus, in dem Zucker­wür­fel und Rum ent­zün­det wer­den können.

Jungle Bird

Der in den spä­ten 70ern ent­wi­ckel­te Cock­tail erhält durch den ver­wen­den Cam­pa­ri einen tol­len Twist. Der Ana­nas­saft run­det die Ecken des Cam­pa­ri leicht ab und ver­leiht dem Drink das für Tiki unver­zicht­ba­re, tro­pi­sche Aroma.

  • 4,5 cl dunk­ler Rum, z. B. Appel­ton Esta­te V/X oder Extra 12
  • 2,25 cl Campari
  • 1,5 cl Zuckersirup
  • 4,5 cl Ananassaft
  • 1,5 cl Limettensaft

Alle Zuta­ten mit reich­lich Eis schüt­teln und in ein vor­ge­kühl­tes, mit Eis gefüll­tes Dou­ble-Old-Fashio­ned-Glas dop­pelt absei­hen. Nach belie­ben dekorieren.

Ocean Shore

Die­ser Cock­tail ist zwar offi­zi­ell kein Tiki-Drink, passt aber genau ins Kon­zept. Je nach gewähl­tem Sloe Gin ent­wi­ckeln sich in Ver­bin­dung mit Orgeat die für Tiki typi­schen wür­zig-süßen Aro­men. Ein Rezept ohne Rum!

  • 3 cl Sloe Gin, am bes­ten Mon­key 47 Sloe
  • 1,5 cl Gin, z. B. Beefeater
  • 1 cl Orgeat, z. B. von Monin
  • 1,5 cl Zitronensaft
  • 1 Sprit­zer Aro­ma­tic Bit­ters, z. B. Angostura
  • 1 Eiklar

Alle Zuta­ten zuerst ohne Eis, aber mit der Feder eines Bar­sie­bes schüt­teln. Dann mit reich­lich Eis schüt­teln und in ein vor­ge­kühl­tes Cou­pet­te-Glas dop­pelt abseihen.

Alter­na­tiv kann man den Drink natür­lich auch mit einem Rever­se Dry Shake zubereiten.

Bronx Cheer

Ein abso­lu­ter Tiki-Lecker­bis­sen mit Rye Whis­key ist der Bronx Cheer. Ich emp­feh­le ihn euch mit Jim Beam Rye und selbst­ge­mach­tem Faler­num, wenn ihr den durch den Whis­key unter­stri­che­nen Zimt im Faler­num mögt!

→ direkt zum Faler­num- und zum Bronx-Cheer-Rezept

 

In den Augen vie­ler Cock­tail-Lieb­ha­ber ist Tiki nicht mehr zeit­ge­mäß. Die oben genann­ten Rezep­te soll­tet ihr aber den­noch pro­bie­ren, ihr wer­det über­rascht sein, wie aus­ge­wo­gen und inter­es­sant Tiki sein kann!

 


Foto: Made­lei­ne Schreck & André Körner

André Körner

Seit 2016 beschäftige ich mich intensiv mit hochwertigen Spirituosen und deren Verwendung in Cocktails und Drinks aller Art. Ich sammle, teste und optimiere Cocktailrezepte und habe The Shark Creek Magazine gegründet, um andere daran teilhaben zu lassen.

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